Dienstag, 29. Juli 2014

NAV und EURES – Ämterschimmel auf Norwegisch Teil 1

Aaaalso, wie ihr euch denken könnte (da hier noch nichts gegenteiliges geschrieben wurde) habe ich noch immer keinen Job.
Ich habe übern Daumen 80 Bewerbungen geschrieben und meinen Lebenslauf an unzählige Läden, Cafés, Restaurants und „Leute“ verteilt.
Außerdem hab ich mir Profile bei diversen Jobseiten und Zeitarbeitsfirmen angelegt.
Nichts!

Den ganzen Mai hieß es „Ohne fließend Norwegisch, keine Chance“.
Den ganzen Juni (als ich zumindest persönlich auf Norwegisch gefragt habe) hieß es: „Nein die Sommerjobs für die Ferien sind schon vergeben und bevor die Ferien nicht rum sind stellen wir niemanden ein.“
Den ganzen Juli hieß es: „Nein, jetzt sind Ferien.“ ← wenn es überhaupt eine Aussage gab denn auch die Personalchefs sind in Ferien.
Bin sehr gespannt was im August sein wird.

Ein entsprechender Exkurs zu den Ferien in Norwegen sollte eigentlich bei „Typisch Norwegisch“ stehen ;-)

(Wobei ich nicht verhehlen will, dass ich im Juni für drei Wochen als Spülhilfe in einem sehr schönen von einer Schwedin betriebenen Biergarten hätte arbeiten können wenn ich nicht genau in der Zeit wo sie jemand gebraucht hat für 10 Tage in Deutschland gewesen wäre. ABER sie sagt sie mag meinen CV und wird sich im August nochmal melden wenn sie wieder Kellnerinnen braucht. Man wird sehen)

Das hiesige Arbeitsamt heißt NAV.

Und hat gefühlt 100 Filialen in Oslo die alle für was anderes zuständig sind was a) aus dem Internet nicht immer klar hervorgeht und b) während der Ferien sowieso anders ist...
Juhuu

Nachdem ich mir die letzten Wochen die Füße wund gerannt hab, hab ich vor zwei Wochen dann endlich jemand gefunden der mir nur sagen konnte was ich eh schon wusste.
(Aber ich wollte sichergehen und es von jemand persönlich erfahren)

Nein, man habe mir keine Stelle.

Dazu muss man wissen, das norwegische Arbeitsamt funktioniert ein bisschen anders als in Deutschland. Null Komma Null als Arbeitsvermittlung.
Auf deren Homepage sind Stellen ausgeschrieben auf die man sich natürlich bewerben kann und man kann da ein Profil erstellen auf das dann die potentiellen Arbeitgeber zugreifen können. Aber vermittelt wird nur im äußersten Notfall.
Äußerster Notfall bedeutet: Arbeitgeber XY sucht WIRKLICH verzweifelt nach jemandem, dann geht NAV mal seine Datenbank durch.
Ansonsten ist es „die einzige Aufgabe der Bürger sich selbst einen Job zu suchen“ - joa so weit auch richtig und ein bisschen anders als in Deutschland sind auch alle Stellen irgendwo online auffindbar. Von daher haben se ja eigentlich recht.
Also effektiv verwaltet NAV halt Statistiken und Zahlen und ist halt zuständig wenn man dann Bezüge etc. bekommt.

Unterstützung für nen Norwegischkurs bekomme ich auch nicht. Ich hab nen Zettel in die Hand gedrückt bekommen mit Organisationen die umsonst Kurse anbieten bin aber gleichzeitig ausgelacht worden was ich denn da wolle mein Norwegisch sei schon viel zu gut und wenn ich ernsthaft den Bergenstest anstreben würde solle ich unbedingt bei der Eulenschule bleiben.
Auch richtig denn die angebotenen Umsonstkurse sind eher so Notfallhilfen für Flüchtlinge und wirklich niederstes Niveau.
Joa gut dann eben nicht.

Auf meine Anmerkung es sei schon paradox und problematisch, dass ich halt fließend Norwegisch können muss für nen Job aber nen Job brauch um meinen Norwegischkurs überhaupt bezahlen zu können hat sie nur gemeint das Problem sei bekannt aber nicht lösbar.

Aha – und nur damit wir uns richtig verstehen. An dem Punkt, dass man Norwegisch können muss um hier zu arbeiten kritisiere ich NICHTS. Wenn man in Land X leben und arbeiten will hat man gefälligst die Landessprache zu sprechen und Punkt. Das gilt für jeden in jedem Land.
Am meisten regen mich dabei ehrlich gesagt die Leute auf die in Milieus/Jobs arbeiten wo die Arbeitssprache nicht die Landessprache ist und die deswegen die Landessprache nicht lernen...

Aber ich schweife ab.

Die einzig hilfreiche Info war der Hinweis auf eine jeden Dienstag und Freitag stattfindende Infoveranstaltung des EURES.

EURES ist eine europaweit agierende Organisation für Jobsuchende EU/EEA-Bürger in Europa bzw. Europa angegliederten Ländern wie Norwegen.

Also die vermitteln natürlich auch keine Jobs außer siehe oben im äußersten Notfall – Koch ist grad so ein Notfall. Es werden verzweifelt Köche gesucht weil kein Norweger gerne Koch werden will, der Arbeitszeiten wegen. Nichtmal im einzigen Zwei-Sterne-Restaurant Norwegens muss man Norwegisch sprechen/verstehen können um ne Arbeit als Koch (sogar nen Ausbildungsplatz) zu bekommen, so verzweifelt werden Köche gebraucht.
Wenns bis Oktober nix wird fang ich ne Kochausbildung an. SO!

Jedenfalls bin ich dann vergangenen Freitag zu dieser Infoveranstaltung getrabt.
Das wären verschwendete drei Stunden gewesen wenn ich nicht so dermaßen lieb nett toll und vor allem DEUTSCH wäre ;-)

Der Reihe nach:
Ich war NATÜRLICH ne Viertelstunde zu früh da weil man will ja pünktlich sein und ich hatte Angst es nicht gleich zu finden also bin ich früher los.
Zwei Minuten vor 10:00 Uhr öffnet sich die Tür und eine freundliche Dame mittleren Alters fragt mich ganz erstaunt ob ich zum EURES-Treffen will und ob ich denn schon lang da sei und blubb blubb blubb.
(Vortrag und Konversation natürlich auf Englisch, nicht auf Norwegisch)
Hab mich dann ne herrliche Viertelstunde mit der Dame unterhalten über Gott und die Welt und NICHT über irgendwelche Jobprobleme. Ohne Einschleimhintergedanken, ich hatte einfach Lust mit der zu tratschen.
So 10:15 waren wir dann zu fünft. Am Ende warens 15 Leute wobei die letzten 45min zu spät kamen. OMG ganz ehrlich so langsam kann ich das Jammern diverser Jobcentermitarbeiter so nachvollziehen. So viele Leute die nur haben haben haben wollen es dann aber nicht mal schaffen pünktlich zu sein und dann auch noch nur am Motzen sind...

Naja dann gabs ne Powerpointpräsentation voller Infos die ich zu 90% schon wusste von wie und wo findet man Stellenanzeigen über wie wann und wo muss ich mich für was anmelden, wie muss ein Arbeitsvertrag aussehen, wie verhalte ich mich beim Vorstellungsgespräch bis hin zu wie und wo such ich ne Wohnung, wie sehen die Sprachkursangebote aus und was ist so typisch Norwegisch was muss man kulturell beachten.
Hab brav mitgeschrieben was ich nicht wusste.

Eine wirklich interessante Sache ist, dass ich mit etwas Glück tatsächlich wenn ich mich dann anmelden muss als „Familienzusammenführung“ laufe. Jiha
Zur Erklärung:
Wenn man als EU-Bürger nach Norwegen kommt darf man erst mal 3 Monate ohne nen Pieps zu machen hier sein. Nach 3 Monaten oder sobald man nen Job hat muss man sich hier anmelden. Dann darf man nochmal 6 Monate hier bleiben und weiter nen Job suchen. Danach wird man als EU-Bürger auch nicht ausgewiesen aber dann wird’s halt langsam eng. Auch kein Problem weil dann fliegt man heim zu den Eltern und voilà der letzte Einreisetermin gilt ;-)
Beim Anmelden muss man natürlich nen Grund angeben warum man hier ist und die gängigen und akzeptierten sind natürlich
a) hier ist mein Arbeitsvertrag, ich bin des Jobs wegen hier und
b) familiäre Gründe.
Ich hatte immer Angst was wird wenn ich nach 3 Monaten keinen Job hab weil ich dann ja als unverheiratete Nichtstudentin ohne Job keinen offiziellen Grund hab. Also das wäre theoretisch kein Ding weil ich eh keine Bezüge bekommen würde da ich ja Promotionsstudentin in Deutschland bin (komplizierte Sache) aber man möchte doch ungern haben, dass Schalterbeamter XY denkt man sei ne wertlose Sozialschmarotzerperson...
ABER ich muss mir keine Sorgen machen denn es gilt als Familienzusammenführung wenn man mehr als 2 Jahre zusammengewohnt hat.
Tadaaaa – also WENN die den deutschen Mietvertrag akzeptieren dann bin ich ziemlich sicher familienzusammengeführt.
Das wiederum bedeutet, dann ich unbegrenzt hier sein kann, mit oder ohne Job. Also nix mit 3+6 Monate. Irgendwelche Leistungen gibt’s dann trotzdem nicht aber weniger lästige Fragen.
So

Das hab ich alles nur erfahren weil ich nach dem Vortrag während dann ALLE panisch und ellenbogenschiebend nach Vorne sind um jeder die gleiche Frage zu Stellen – ich bin XY gibt es nen Job für mich * facepalm * wann bekomme ich Arbeitslosengeld * doppelfacepalm * - brav auf meine Stühlchen geblieben bin und gewartet hab bis alle weg waren. Dann bin ich als letzte vor und hab eben gefragt was ich denn dann als Grund angeben soll für mein Hiersein nach den 3 Monaten.
Oh und war das fein klug von mir als letzte vor zu gehen weil die sich dann wieder ganz nett mit mir unterhalten hat und ich Gelegenheit hatte wirklich bissle von mir zu erzählen, was ich so machen kann will und schon gemacht habe.
Hab ihr auch die etwas komplizierte Studiensituation erklärt etc.
Sie war ganz lieb und aufbauen und aufmunternd und hat gemeint ich soll mich nicht so unter Druck setzen bei allem was ich schon gemacht hätte und schon wüsste was man machen muss und jetzt seien halt grad Ferien ich sei einfach zu ner ganz ganz blöden Zeit angekommen.
Hat auch mein Norwegisch gelobt * stolz is * und nochmal gesagt, dass ich unbedingt an der Eulenschule bleiben soll wenn ich den Bergenstest machen will... ja dann.
Und sie meinte, sie wird mich im Gedächtnis behalten und sich melden wenn ne passende Stellenanzeige reinkommt.

Wie jetzt? Ich dachte es wird nicht vermittelt...
Jaaaa da hat sie dann rumgedruckst. Man musste am Anfang des Vortrags auf so ner Anwesenheitsliste Kontaktdaten angeben und eben was man so is (falls man Koch ist ;-) ) FALLS die grad ne dringende Anfrage von Arbeitgeber X haben.
Und manchmal wenns dann passt dann erinnert sich auch Mitarbeiter X an einen wenn dann ne neue Anzeige reinkommt und vermittelt das dann doch aber GENERELL wird natürlich nicht vermittelt.... ah ja?!?!
Na wie auch immer, ob was bei rum kommt oder nicht is egal, ich hatte ein nettes Gespräch, hab doch was nützliches mitgenommen und wenn sie sich doch bei Gelegenheit an mich erinnert umso besser.

Nuja also bin immer noch da wo ich vorher war aber immerhin weiß ich jetzt, dass der weg auf dem ich bin der richtige ist. Es geht nur darum mal irgendeinen Job zu finden egal welchen denn über Job a kommt man an b an c etc.
Wichtig ist ein gutes Netzwerk, sowohl real als auch online.
Je mehr Leuten man erzählt, dass man Arbeit braucht (und was für eine Arbeit) desto mehr Leute kennen Leute die Leute kennen die Leute kennen die jemand kennen der gerade genau DEN EINEN Job hat.

Ok ich weiß ich sollte nicht so hochtrabend reden ohne nen Job zu haben aber so ist es eben heute.
Sowohl in Deutschland als auch in Norwegen sind nur wenn überhaupt die Hälfte aller Jobs überhaupt inseriert (und albern ist der der denkt nur mit in Zeitungen zu suchen würde reichen...!!!!) und zwar hauptsächlich online.
In Norwegen nur online.
Und alles Weitere läuft über Vitamin B.
Vernetzung ist ALLES!
Wenn man niemand erzählt was man braucht kann einem auch niemand helfen!

So und jetzt pimp ich mal mein LinkedIN Profil, schau die neuen Stellen bei finn.no, nav.no, dem Zeit Stellenmarkt und haha linkedIN durch. Außerdem sollte ich diverse andere Netzwerke wie monster etc aktuell halten.
Und dann tackre ich noch ein paar ausgedruckte Lebensläufe zusammen denn nach der Schule ist wieder Flugblattzeit.
Denn wie die gute EURES-Frau so schön sagte: Jobsuche ist ein 24/7 Job!!!!!!
Das geht nicht nebenher.
Feniray - 29. Jul, 23:26

Ich drück Dir ganz fett die Daumen, dass Du was cooles findest :)
Ich wöllt ja ehrlich auch kein Koch sein XD Viel zu streßig für mich.

FerminaDaza - 30. Jul, 17:28

Daaaanke :-)

Die Norweger wollen auch keine Köchen sein. Die wollen um 16:00 bzw. Fr. um 12:00 Feierabend und We frei weil denen Freizeit/Hytta das Heiligste ist. Das beißt sich mit den Arbeitszeiten eines Kochs.

Ich koch ja eigentlich sehr sehr gerne... und auch nicht so ganz schlecht... und wenn sich so garnix anderes auftut... warum nicht... aber We will ich schon auch haben... eieie bzw. oioioi ;-)
danignom - 6. Aug, 10:54

So wie du dich ins Zeug legst, findest du sicher schnell was! :-) Ich find's immer wieder spannend zu lesen, wie alles in Norwegen funktioniert.

FerminaDaza - 6. Aug, 18:34

Danke :-)
Freitag hab ich mein erstes Vorstellungsgespräch... in nem Tapasrestaurant. Wenn ich nicht aufpass bleib ich für den Rest meines Lebens Kellnerin aber hey, Tapas :-)

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