Typisch Oslo, typisch Norwegen

Donnerstag, 2. April 2015

Påskeegg / Osterei

„Was will sie denn jetzt???“ mag der geneigte Leser denken... ein Osterei ist ja nun doch nicht so ungewöhnlich...
Das mag soweit sein.
Nur ich hab diese Art Ostereier in meiner katholische-süddeutschen Kinderzeit nicht gesehen/gehabt/gekannt und deswegen möchte ich sie euch beschreiben.
So sehen die aus hier in Norwegen:

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Pappeier in allen Größen an stelle eines von mir so heiß geliebten Osternestles.
Und sie sind hohl – die Eier, nicht die Nester.
Hohl damit man da dann die Süßigkeiten und Spielsachen für die Kinder rein packen kann.
Wegen der Spielsachen kann man so ein Ei auch in riesig haben aber normal sind die so groß wie Straußeneier.

Und jetzt das Merkwürdigste:
Die Kinder müssen ihre Pappeier hier nicht mal suchen, nein, sie werden ihnen Samstag oder Sonntag einfach überreicht...
Ich mein ok, liebe Mama, das Osternest JEDES Jahr hinterm Vorhang hinterm Sofa zu verstecken war irgendwann auch nicht mehr spannend aber hey, was ist Ostern bitte ohne Osternestsuche?

Der Osterhase hat in Norwegen leider nicht die gleiche Tradition wie in vielen anderen westlichen Ländern, auch wenn er den Menschen natürlich ein Begriff ist. In Norwegen verbindet man Ostern eher mit kleinen gelben Küken, den „Påskekyllinger“ (Osterküken). Dekoriert wird mit selbst bemalten Ostereiern, Weidenkätzchen und Osterküken.
Ich habe allerdings auch durchaus Schokoosterhasen im Laden gesehen, allerdings nicht von hiesigen Schokoladenmarken sondern dann eben Lindt.

Die Ostersüßigkeiten hier bestehen zu 90% aus Marzipan oder Marshmallowschaum und Schokolade.
ABER es gibt hier etwas das heißt „Smågodt“ oder „Godterie“ (→ schwäbisch: Gutsle).
Darunter kann man sich alles vorstellen das es in Deutschland in einer Haribotüte geben würde oder das es am Zeitungskiosk lose zu kaufen gab – hier denke ich wehmütig an „Dubbi“ auf meinem Grundschulweg wo ich mein ganzes Taschengeld in saure Zungen und Colafläschle investiert habe.
Also jedenfalls funktioniert das hier in norwegischen Supermärkten genauso und man kann die Lakritzschnecken und sauren Pfirsiche lose kaufen. An der Kasse werden sie dann gewogen. Normal zahlt man 10-15 Kronen (1,20-170€) pro 100g. Jetzt vor Ostern sind die ganzen Gutsle im Angebot für ca. 5 Kronen / 100g.
Und warum?
Richtig, irgendwas muss ja rein in die Pappeier ;-)

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Nicht ganz originalgetreu weil ich aus gewissen Gründen doch nochmal eine Plastikverpackung zwischen Schokolade und Pappei haben mag :-)

Und weil eine gewisse Tante von mir sich so gerne totlacht wenn mir alberne Dinge passieren will ich auch nicht verschweigen was mir beim Ostereierkauf passiert ist...
Dazu muss man wissen, bis letzte Woche wusste ich nicht wirklich wie diese Ostereier funktionieren und hatte noch nie eins gesehen außer in Abbildungen in meinem Norwegischbuch und in der Werbung.
Und in diesen Abbildungen sind die Pappeier immer schon mit Süßigkeiten gefüllt.
Jetzt wollte ich natürlich auch so eins haben zum Verschenken und stand relativ verwirrt im Supermarkt vor dem großen Aufsteller voller Pappeier in verschiedenen Größten – hübsch verpackt in Folie...
Und die waren so leicht.
ZU leicht.
Und ich dachte mir so... hm, das ist eigentlich zu leicht um gefüllt zu sein, wahrscheinlich sind da nur so Marshmallow-Süßigkeiten drin, ich frag lieber mal nach weil ich weiß, dass die Person die ich beschenken mag so was nicht mag.
Ich dreh mich also zu der erstbesten Kundin um und frag mit dem viel zu leichten Ei wedelnd „Entschuldigung, was ist da eigentlich drin?“
Sie schaut mich an wie ne Kuh wenns blitzt und neben ihr bricht ihre Tochter vor lachen zusammen.
Dann dämmert ihr wohl, dass ich Ausländerin bin und sie sagt in bierernstem Tonfall:
„Luft – du musst die selbst füllen. Mit Schokolade. Süßigkeiten. Mohrrüben“
Dreht sich um und geht..



Ok ist nicht so lustig wenn mans hinschreibt aber ich kam mir wirklich absolut bescheuert vor.
Wie konnte ich eher von einer neumodischen gewichtslosen Süßigkeitenerfindung ausgehen statt einfach einzusehen, dass die Eier hohl sind?
Wie gesagt, ich hatte sie ja auf Abbildungen immer nur gefüllt gesehen, ich dachte die kauft man schon so...


Exkurs: Kirchliches Osterfest
Weil das hier sonst zu kurz kommt aber eben auch zu kurz gesagt ist um einen eigenen Beitrag zu bekommen.
Der religiöse Aspekt der Feiertage steht in Norwegen an zentraler Stelle. Die kirchliche Feier beginnt für viele bereits mit dem Palmsonntag. Norwegen steht in einer evangelisch-lutherischen Tradition und für viele gläubige Norweger sind die Gottesdienste am Abend des Gründonnerstags, am Morgen des Karfreitags und am Morgen des Ostersonntags sehr wichtig. Die offiziellen Feiertage in Norwegen sind Gründonnerstag, Karfreitag, Ostersonntag und Ostermontag.

Aber wie ich letztens schon gesagt hab sind eigentlich alle die können auf ihrer Hütte, trinken Kakao aus Thermosflaschen, essen Kvikk-Lunsj und Orangen und lesen/sehen Osterkrimis.

Und so werden wir auch tun denn unser Osterwochenende in Kristiansand ist gebucht, der Krimi (und mein Lernzeug, kriminell genug) ist im Koffer und natürlich auch ein großer Vorrat an Kvikk-Lunsj :-)

Euch allen ein schönes Osterfest und damit ich nicht alleine lerne hier noch ein paar wichtige Vokabeln zum Thema Ostern:
  • Påske – Ostern
  • Appelsin – Orangen, werden auf Langlaufausflügen für die Pause mitgenommen
  • Kakao – Getränk für die Pause auf Ausflügen, je größer die Thermosflasche desto besser.
  • Solbærtoddy – Heißgetränk aus schwarzen Johannisbeeren (kann auch mit Schuss sein) in eben jenen Thermosflaschen.
  • Kvikk Lunsj – Norwegische Keksschokolade, die ebenfalls als Langlaufproviant dient (NICHT zu verwechseln mit KitKat !)
  • Påskekrim – Osterkrimi: als Roman oder als Miniserie im Fernsehen
  • Påskeegg – Ostereier, meist aus Pappe, mit Süßigkeiten gefüllt
  • Utepils – Bier, unter freiem Himmel genossen ← ist fest eingeplant
  • Påskefjell – Gebirge und Natur, in die sich Norweger zur Osterzeit zurückziehen
  • Fjellvettregler – Verhaltensregeln und Vorsichtsmaßnahmen bei Ausflügen in die Berge und Gebirgsregionen
  • Påskenøtter – Osterquiz im Fernsehen

Montag, 30. März 2015

Påskekrim – Norges femte årstid / Osterkrimi – Norwegens fünfte Jahreszeit

Nachdem ich es ja verschlafen habe euch über norwegische Weihnachtsbräuche aufzuklären (wird spätestens kommendes Weihnachten nachgeholt) will ich Ostern nicht versäumen und fange mit der einzig wahren wirklichen und wichtigsten Ostersitte hier in Norwegen an:

Dem Osterkrimi

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Påsken = Ostern
En krim / Krimen = ein Krimi / Der Krimi

Für die Norweger ist Ostern fast wichtiger als Weihnachten und mindestens genauso wichtig wie DER Ferienmonat Juli – und sie verbringen Ostern auch ähnlich wie letzteren.
Sie fahren weg.
Die ganze Zeit.
ALLE

Die meisten fahren auf ihre Hytta (oder auf die Hytta von Freunden) zum Skifahren oder man wandert im Rahmen des Norwegischen Touristenvereins von Hytta zu Hytta.
Wer sich das nicht leisten kann, nicht rechtzeitig gebucht hat oder keine Hytta hat der fliegt in den „Syden“.

Exkurs „Syden“:
„Süden“ bedeutet auf norwegisch „Sør“.
„Syden“ dagegen bedeutet nicht einfach, dass man nach „Süden“ (norwegisch: „sørover“ ← südwärts) reist, nein, „Syden“ ist ein Reisekonzept das wenn man es genau nimmt genauso wie das deutsche „in den Süden“ funktioniert.
Damit ist gemeint an einen südeuropäischen Mittelmeerstrand zu fahren.
Weder Südnorwegen noch Malaysia, Südafrika etc. sind „Syden“ obwohl sie im Süden liegen und Strandzugang haben. Und auch so was wie Marokko ist NICHT „Syden“.
Es MUSS eine südeuropäische Mittelmeerküste sein.

Und weil sich das „nur“ übers Osterwochenende nicht lohnt (oder weil man mehr als einen Krimi lesen will) dauern die norwegischen Osterfeiertage von Gründonnerstag durchgehend bis Ostermontag.
Aber da auch das nicht reicht haben viel Behörden und Ämter, Restaurants, öffentliche Einrichtungen, Schulen, Geschäfte etc. seit heute also seit Montag VOR Ostern zu.
Auch die Folkeuniversitet weswegen ich Zeit habe diesen Blogeintrag zu schreiben.
Jedenfalls, wir erinnern uns, das norwegische We beginnt Donnerstag Abend, macht das Summa Sumarum vom Freitag vor Palmsonntag bis Ostermontag 11 mögliche und zumindest 5 definitiv sichere Tage Ferien für jeden Norweger.
Und hier ist die Parallele zum Ferienmonat Juli: ALLE nutzen diese freien Tage und sind weg.
Alles was zumachen kann schließt am besten die ganzen 11 Tage und alle die wegfahren können tun es auch.

Und damit zurück zum Osterkrimi.
Auf den norwegischen Hütten gibt’s nicht oft Strom, niemals TV und selten Zeitung etc. Die Norweger fahren auf ihre Hütten um NIEMAND zu sehen und so allein und abgeschieden wie möglich zu sein.
Jetzt hockt man da aber abends nachdem man sich sportlich betätigt hat mit der ganzen Familie zusammen und allen ist natürlich langweilig (und die Kids quengeln potentiell).
Was tut man?
Richtig, man liest, gibt zu lesen, liest vor.
Aber nicht irgendwas, nein, man liest Krimi.

In der stillen Abgeschiedenheit der norwegischen Felsen („Fjellet“), ohne Handyempfang, W-Lan, TV oder gar normales Telefon, am besten noch eingeschneit nur mit einer Kerze (eine Kerze, nein HUNDERT Teelichter) liest der gemeine Norweger am liebsten über Mord und Totschlag.
Je blutiger und grusliger desto besser.
Und wahrscheinlich will man auch an den Stränden des Sydens die lärmenden Kids nicht mehr hören und statt ihnen selbst den Hals umzudrehen versenkt man sich lieber zwischen die Zeilen und lässt andere das blutige Werk tun.

Das beeinflusst natürlich auch den Buchmarkt.
Hierzu muss man unter anderem wissen,l, dass es in Norwegen keine Buchpreisbindung und eigentlich auch keine kleinen Buchläden gibt.
Der Markt und damit auch der Preis wird von einigen großen Buchhandelsketten beherrscht – gnadenlos wie der Ostermörder selbst.
Nu erschrickt der (angehende) deutsche Autor und fragt sich, wie man so jemals die Chance haben soll, von seinem Werk zu leben wenn sich die Buchläden gegenseitig unterbieten.
Keine Sorge, erstens tun sie das nicht so sehr, Bücher sind schweineteuer... und zweitens hilft der norwegische Staat dem Künstler.
Der norwegische Staat kauft von jedem veröffentlichten Buch mindestens 1000 Exemplare (je nach Buch) für Bibliotheken, Schulen etc.

Wie dem auch sein, der Buchmarkt ist natürlich ganz auf Ostern eingestellt und schon ab Mitte Februar kann man gefühlt kaum noch was anderes gedrucktes kaufen als Krimis.
Und nur die Krimiautoren sind wirklich gute Krimiautoren die jedes Jahr pünktlich kurz vor Ostern ihr neuestes Werk auf den Markt werfen.
Die beste Zeit einen Krimi zu veröffentlichen ist vor Ostern und wenn du nicht rechtzeitig fertig wirst lieber Autor, so wartest du besser noch ein dreiviertel Jahr bis zum nächsten Osterfest mit der Veröffentlichung.
Ich persönlich glaube zwar, dass man auch gut im Herbst Krimis veröffentlichen kann so viel wie die Norweger davon verschlingen, aber wenn man das Machwerk vor Ostern veröffentlicht wird es garantiert gekauft, egal wie schlecht es ist.
Denn selbst ein schlechter Krimi ist besser als endlos langweilige Hüttenabende.

Und zumindest die Stadt Oslo tut noch ein bisschen mehr um den Osterkrimi zu pushen und veranstaltet jedes Jahr kurz vor Ostern ein mehrtägiges Krimifestival wo massenhaft skandinavische Krimiautoren die Chance haben, ihre Neuveröffentlichungen vorzustellen.
(Muss mich mal schlau machen ob das in anderen Städten auch so ist)

Ich vermute hier anhand der Masse an schwedischen Krimiautoren auf dem Festival und in den Geschäftsauslagen, dass die Schweden ähnliche (Oster-)Krimivorlieben haben – oder nur die norwegische Marktlücke erkannt haben.
Schwedenspass, Meinungen dazu?

Der berühmteste der norwegischen Krimiautoren scheint – zumindest den Auslagen der Buchgeschäfte nach zu urteilen - Jo Nesbø zu sein.
Und weil ich eine gute angehende Norwegerin bin, auf den Bergenstest lernen muss (und wie lernt man eine Sprache besser als durch lesen?) und wir tatsächlich überlegen zwei/drei Tage wegzufahren hab ich mir auch ein Werk des guten Mannes gekauft.

Tadaaa, mein Påskekrim, bin gespannt.

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Jo Nesbø: Hodejegerne (zu Deutsch: Kopfjäger <- im Sinne von Personalberater / Headhunter)
Ich hoffe ich finde den Krimi spannender als Scott und Sunny

Und nur der Vollständigkeit halber:
Die Osterkrimisucht geht natürlich über Bücher hinaus.
Das Fernsehprogramm ist voll von extra für Ostern produzierten Krimiserien und -filmen für die, die nicht auf die Hytta können oder zu faul zum lesen sind... es gibt Krimis in Zeitungen, auf Müslipackungen, auf Milchpackungen, im Radio...

Donnerstag, 26. März 2015

Frühling in Norwegen / Våren i Norge

Eigentlich sah es schon so aus:

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Leberblümchen / Blåveis

Wir hatten schon 10 Grad, strahlenden Sonnenschein und die Osterglocken waren fast schon offen und dann schau ich heute morgen aus dem Fenster in einen Schneesturm:

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Und nun das:

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Ich hab mir sagen lassen, dass diese Menge Schnee zwar viel sei aber um die Jahreszeit in Oslo durchaus normal... da frag ich mich doch warum ALLES zusammenbricht.
Die Busse fahren schon den ganzen Tag nicht oder zumindest mit großer Verspätung, die T-bane nur teilweise und ALLE öffentlichen Verkehrsmittel haben Verspätung. So wie die Autos rumfahren könnte man sogar meinen, dass einige schon Sommerreifen drauf hatten. Und nu is der Flughafen geschlossen... vll weils kein einziger Mitarbeiter zur Arbeit geschafft hat ;-)

Mal sehen ob ichs nachher zur Arbeit schaffe... drückt mir und den kleinen hier die Daumen.
FRÜHLIN komm zurück!!!!

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Donnerstag, 15. Januar 2015

Sport Sport Sport

"Typisch Norwegen" ist tatsächlich, dass die ganze norwegische Bevölkerung aus großen, schlanken, durchtrainierten, fitten und junggebliebenen Menschen jeder Altersgruppe zu bestehen scheint.

Das scheint mir als Außenstehender so zu sein, weil die lieben Norweger scheinbar nichts anderes in ihrer Freizeit tun als Sport zu machen. Das ist natürlich nicht zu 100% wahr und irgendwann werde ich auch noch auf die anderen Freizeitgestaltungen der Norweger eingehen aber ja doch, Sport Sport Sport.
Egal zu welcher Tages- oder Jahreszeit und egal zu welchem Wetter.
Und wenn man die Leute nicht direkt beim Sport sieht, dann sieht man sie in Sportklamotten mit Ausrüstung auf dem Weg zu irgendeinem Sport.

Joggen
Joggen ist ganz ganz wichtig. JEDER tut es, immer. Es ist vollkommen egal wann oder bei welchem Wetter bzw. in welchem Stadtteil man unterwegs ist. Man trifft pro 500m mindestens einen Jogger. Das ganze vervielfacht sich früh morgens so ca. 5-7 Uhr und abends nach Feierabend. Aber ich treff auch gerne mal nen Jogger wenn ich Feierabend hab, so zwischen 24:00 Uhr und 4:00 Uhr.
Jetzt könnte man natürlich denken, ok, joggen, das ist nichts außergewöhnliches dran, es gibt auch in Deutschland viele die um 5 Uhr morgens joggen gehen BEVOR sie die Kinder wecken, zur Schule bringen und dann selbst zur Arbeit gehen – oder eben nach Feierabend.
Ja schon.
Aber nicht ALLE tun das und vor allem nicht in dieser Ausrüstung.
Captain Jack ist nach seinem Umzug nach Norwegen, als er das erste mal wieder in Stiftlingen war, zu einem wohlbekannten Mode- und Markenoutlet gefahren um sich komplett neu einzukleiden.
Man fühlt sich in dem, was wir so „Sportkleidung“ nennen doch leicht underdressed.
Hier wird nicht einfach ein Sportoutfit getragen, nein nein, der gemeine Norweger hat etwas so viele verschiedene und für jede Gelegenheit passende Sportklamotten im Schrank wie normale Klamotten. Kein Wunder, wenn der gemeine Norweger nicht arbeiten ist oder es irgendwie sonst koschelig hat macht er Sport.
Wir müssen uns hier das beste vom Besten und das Teuerste vom Teuren vorstellen.
Knallbunte Multifunktions-Markenkleidung für jede Sportart und auch hier nochmal unterteilt für jedes Wetter. Inklusive Spikes für die Joggingschuhe und Stirnlampe damit man auch auf Eis und Schnee in der Dunkelheit joggen kann.
Und der kleine Sportrucksack darf natürlich nicht fehlen. In diesen winzigen Dingern muss ein schwarzes Loch sein, sonst kann ich mir nicht vorstellen, was da drin sein sollte. Aber viele tragen ihn und reiner Dekozweck kanns ja nicht sein. Vll ist eine winzige Wasserflasche drin – oder ein Kvikk Lunsj (← das bekommt irgendwann einen eigenen Beitrag).
Jedes einzelne Teil des entsprechenden Sportoutfits hat natürlich je ca. drei extra Smartphone-Taschen, denn ohne Musik zu hören oder gar laut über Headset zu telefonieren geht auch Sport hier in Norwegen nicht.

Fahrrad fahren
Kommt der gemeine Norweger von seiner morgendlichen Joggingrunde nach Hause, so macht er seinen Kindern Frühstück und das Vesperpaket, hüpft in den SUV, fährt die Brut zur Schule und dann – nein, dann fährt er nicht weiter zu Arbeit, nein nein, dann geht es nach Hause und rasch in die nächste Sportklamottenkollektion, das Fahrradoutfit.
Nicht mehr ganz so knallbunt aber noch atmungsaktiver, noch multifunktionaler und mit noch mehr Smartphone-Taschen. Superduper Klickschuhe damit man nicht vom Rennrad fällt und – jetzt mal kurz ne Runde Respekt – ALLE fahren mit Helm. Der ist natürlich auch super windschnittig und sonst wie perfekt und die perfekte Erklärung für die doch oftmals recht merkwürdigen Frisuren der Norweger...
Was auch hier nicht fehlen darf ist natürlich der oben erwähnte Minirucksack mit dem schwarzen Loch drin. Da drin ist das komplette Arbeitsoutfit denn ja, es geht mit dem Rad zur Arbeit. Egal wie weit der Weg zur Arbeit ist.
Als ich noch Boller am Straßenrand verkauft hab, hab ich mich mal mit so einem Geschäftsmann unterhalten der auf dem Weg nach Hause war... der hatte noch zwei Stunden bergauf vor sich... da hätte ich ja soooooo keinen Bock drauf nach nem langen Arbeitstag, vor allem wenn ich weiß, dass ich ja dann noch meine Feierabendjoggingrunde machen muss...
Jedenfalls passt in diese Minirucksäcke ein Kostüm/Anzug inklusive der dazu passenden Schuhe. Duschgel und Handtuch hat man in vielen Fällen bei der Arbeit, denn die meisten Arbeitgeber sind darauf eingestellt, dass ihre Belegschaft mit dem Rad kommt.
Ich schätze in den meisten Betrieben gibt es auch genau deswegen Gleitzeit um den Stau unter der Firmendusche zu vermeiden.
Auch Jahreszeiten und Wetter sind natürlich kein Hindernis.
Wer einen Norweger auf einem Rennrad bei knietiefem Schnee mit Eisdecke drunter im Januar bei -10 Grad in halsbrecherischem Tempo in der Innenstadt auf einer befahrenen Kreuzung um die Kurve hat rauschen sehen – ohne den scheinbar sicheren Sturz – wundert sich über garnix mehr.

Mountainbike

Gott sei Dank quietschen die Bremsen der meisten Mountainbikes, sonst hätten die uns beim Pilze sammeln das eine oder andere mal erwischt.
Der ganze Wald ist voller MB-Pisten, teilweise mega fancy mit Holzstegen und Sprungschanzen. Das die sich nicht dauernd den Hals brechen.
Ich würde gerne was zur entsprechenden Multifunktionskleidung sagen. Die ist sicher auch neonbunt und atmungsaktiv aber leider sieht man das unter der Dreckschicht nicht.

Wandern
Ja auch aber das wird ein eigenes Kapitel. Das macht der Norweger nicht einfach so sondern wenn er auf seiner Hytta ist. Und Wandern folgt auch hier speziellen Regeln und Ritualen die ich Wanderkind gerne gesondert betrachten würde.

Nordic-Walking
Der Name lässt viel erwarten aber – sorry Mama – hab ich hier bisher nur einmal eine Gruppe machen sehen. Und das war auch eher Nordic-Running. Aber in entsprechender Klamotte und mit Stirnlampe.

Langrennski – Langlauf
Gut, dass das typisch norwegisch ist, ist nun nicht weiter überraschend.
Die werden hier mit Langlaufskiern an den Füßen geboren.
Nationalsport
Natürlich wieder mit eigenem Superduperoutfit.
Die abendliche Joggingrunde kann gut und gerne durch eine Langlaufrunde ersetzt werden. Es ist auch gar nicht bescheuert jeden Abend nach der Arbeit erst mal ne Stunde U-Bahn (!!!) auf den Berg hoch zu fahren um dann auf einer beleuchteten Autobahn (sorry ich mein natürlich Loipe) mit einer Million anderen rumzuskiern.
Das nervt mich nur deswegen, weil das auch meine U-Bahn zur Arbeit ist und ich deswegen nie einen Sitzplatz bekomme um die Stunde Fahrt mit Lesen zu verbringen * motz *
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Es gibt an der U-Bahn Endhaltestelle einen Skiständer wo normal ein Fahrradständer wäre...
Mein Arbeitsplatz bietet auch eine herrliche Aussicht auf die scheinbar beliebteste Hauptloipe und noch witziger, auf den Kreuzungspunkt der Loipe mit der Rodelbahn... es scheint keine Vorfahrtsregeln zu geben * kicher *
Ein weiterer etwas nerviger Punkt daran ist, dass man eigentlich alle Wander- und Spazierwege in der Nordmarka im Winter vergessen kann. Die verwandeln sich in Loipen und sollte man ohne Bretter an den Füßen im dortigen Schnee unterwegs sein wird man ständig dumm angemault – dabei gibt es eigentlich gar keine Spur die man kaputt laufen könnte denn die wenigsten fahren klassisch. Freestyle ist in!
Ach ja und überraschenderweise sind auch bei dieser Sportart Jahreszeit und Wetter kein Hinderungsgrund.
Wir wissen das, wir haben an der Sommertrainigsstrecke gewohnt.
Jeden morgen ab 5:00 klick klick klick klick klick klick ← ein unfassbar nervtötendes Geräusch.
Und da staksen sie die Sommerskifahrer.
Die Langlaufskier haben dann vorne und hinten je eine winzige Rolle und die Stöcke andere Spitzen aber sonst ist es der gleiche Sport nur mit Asphalt statt Schnee.
Und anderen Klamotten.
Ich darf vorstellen: Den Multifunktionssommerskibikini!
Ja Bikini. Natürlich atmungsaktiv und auch hier gibt es Taschen fürs Smartphone. Den Herren der Schöpfung danke ich sehr wenn sie Shorts tragen aber ich hab auch schon welche in diesen leider viel zu engen 70er-Stil Herrenbadehosen gesehen. Pfui sag ist, egal wie atmungsaktiv das ist!


Biathlon
Siehe Beitrag oben – Sommers wie Winters. Oben am Holmenkollen gibt es den entsprechenden Übungsschießstand und wenn man da wandert/spazieren geht hört es sich ständig an als wäre nebenan eine Treibjagd im Gange.

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Rodeln
Jaaaaaaaaaaaaaaaaaa.
Machen sie, alle, also ohne Eiskanal sondern so wie wir als Kinder früher, Berg ab.
Auf jedem Hügel und auf extra Pisten.
Das coolste: Auf der U-Bahn Strecke hoch zum Holmenkollen kann man an einer relativ weit unten liegenden Stadtion Rodel leihen, rein in die U-Bahn, oben raus, rauf auf den Schlitten, Berg runter, Rodel wieder abgeben.
Steht ganz oben auf der To-Do-Liste.

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Abfahrt
Ja gibt es auch, kann ich aber nix dazu sagen, hab ich nie gesehen oder gemacht und auch keine Ambitionen dazu aber es würde mich nicht wundern einen Norweger die Ringautobahn runter slalomieren zu sehen.

Snowboard
Das gleiche... ich seh nur immer die Leute mit Abfahrtsski und Snowboards eine Station vor der Endhaltestelle aussteigen und ich vermute ich weiß auch wo die Piste ist – bin da im Sommer mal drüber gewandert. Aber da ich selbst keine Ambitionen hab...
Die Kleidung hier ist allerdings besonders witzig. Ausnahmsweise mal nicht hauteng sondern so lässig und schlabberig wie möglich. Und es scheint besonders cool zu sein eine knielange, sackartige Jacke die drei Nummern zu groß scheint zu tragen. Und Helm. Und Smartphone-Taschen. Aber keinen Rucksack!

Skispringen
Man möchte meinen, eine Wintersportart, die ein derart großes Sportgerät benötigt würde von nicht sooooooooo viele Leuten betrieben werden.
Mööööp
Weit gefehlt.
Zumindest kann ich von unserem Esszimmerfenster die alte Holmenkollenschanze sehen die jeden Abend hell erleuchtet ist. Und das Fernglas hilft mir genau zu erkennen, dass da auch jeden Abend Leute runter hüpfen.
Allerdings ists zu weit weg um etwas über die Kleidung zu sagen aber ich möchte wetten, sie hat Smartphone-Taschen.
Das Gehüpfe findet auch hier Sommer wie Winters statt :-)

Eislaufen/Eishockey
Ja gibt es, ziemlich viel sogar wenn man sich die Zahl der Menschen mit entsprechendem Sportgerät in den öffentlichen Verkehrsmitteln anschaut aber da ich da selbst keine Ambitionen hab weil ich mit meinen kaputten Füßen nicht in die Schuhe pass... aber ich finds sehr niedlich, dass das riesige Rugby-Feld vom Frogner-stadion im Winter eine riesige Eislauffläche ist. Und auch mitten auf der Karl-Johanns-Gate zwischen Parlament und Nationaltheater gibt's ne Umsonst-Eislaufbahn wo sonst ein Brunnen ist.

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Schwimmen
Scheint nicht so beliebt zu sein – zumindest lässt das Gejammre über viel zu wenig In-Door-Schwimmhallen auf Facebook darauf schließen.
Ich persönlich hab das noch nicht vermisst denn im Sommer gibt es ca. 1 Million Seen und Fjordstrände wo man umsonst ins Wasser kann, ins richtige Wasser, ohne Chlor und Bademeister.
Ich werde im Sommer noch eine Kategorie „Badeplätze“ eröffnen, die gibt es nämlich massenhaft und umsonst auch wenn sie so coole Sachen wie Rollstuhl-Baderampen oder so haben. Selbst das „Stadtschwimmbad“ am Hafen unten mitten im Luxuswohngebiet ist kostenlos.
Das nutzen auch die Norweger sehr ausgiebig.
Und ich bin mir sehr sicher, solange die Seen eisfrei sind wird in Neoprenanzug geschwommen – hier würde ich allerdings nicht auf eine Smartphone-Tasche wetten.
Besonders beeindruckt hat mich allerdings dieser junge Mann hier, der letztes Jahr am 2. Mai tapfer oben erwähntes Stadtfreibad genutzt hat. Ich hatte da noch meine Winterjacke an....

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Letzter Punkt: Fitnessstudio
Man möchte es nicht meinen bei all dem Equipment das der gemeine Norweger hat und all dem Sport den er eh schon den ganzen Tag macht... aber ja es gibt in Oslo ungefähr so viele Fitnessstudios wie Sushi-Läden.
Leider kein Kieser-Training aber sonst alles was das Herz begehrt.
Inklusive Kursen von Joga über Zumba bis Kardiotrauining. Allerdings ziemlich oft ohne Trainer sondern vor einer Videoleinwand.

Warum erzähl ich das eigentlich alles? Klar, der ganze Sportkram ist typisch Norwegen. Aber was ist der Anlass?
Ja, ich geb es zu, die ganze Zeit diese großen schönen sportlichen Menschen zu sehen gibt kleinen dicken faulen Menschen wie mir eine extra Portion schlechtes Gewissen mit auf den Weg.
Plöt das.
Naja und da ich noch nie in meinem Leben auf Skiern gestanden hab – ein Langlaufkurs ist aber fest eingeplant -, joggen für mich das dämlichste ever ist, man nicht jeden Tag wandern kann, es lebensgefährlich ist mein Fahrrad aus dem Keller zu holen und weil ich tatsächlich das Kieser-Training sehr vermissen... hab ichs getan und mich im Fitnessstudio nebenan angemeldet.
Die Anmeldung war schon der Horror bei all den jungen blonden hippen hübschen sportlichen Menschen....
Und wenn ich nachher ein Häufchen Elend bin, dann deswegen weil ich heute um 14:00 mein erstes Einführungstraining bei der hübschen blonden fitten Kamille habe – natürlich in meiner alten Jogginghose und einem normalen T-Shirt...
Ich fürchte ich muss mir entweder Scheuklappen oder so ein Multifunktionsportoutfit zulegen – natürlich neonfarben, atmungsaktiv und mit Smartphone-Taschen.



PS: Unnützes Wissen am Rande: "Ski" ist eines der wenigen (vermutlich das einzige) norwegische Wort, das international gebraucht wird.

Freitag, 5. September 2014

Winter is coming

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Hier steht sinngemäß:

Die Heizsaison hat begonnen. Los los, entlüften Sie Ihre Heizungen sonst Katastrophe!!!!!!

*Paaaaaanik*

Warum das abgesehen von der Gelegenheit für mich auf Game of Thrones zu verweisen witzig ist?
Also das wiederum ist typisch Norwegisch!

Der gemeine Norweger heizt mit Strom. Denn wenn Norwegen irgendwas im Überfluss hat, dann ist das Energie. Windenergie, Wasserenergie, der komplette Wald für diverse Heizmaterialien und vor allem das Öl vor der Küste.
Strom ist billig, im Überfluss vorhanden, wird für alles verwendet und das Wort „stromsparend“ scheint im norwegischen Wortschatz nicht zu existieren.
So gibt es in norwegischen Zimmern zum Beispiel nicht EINE effiziente helle und jede Ecke ausleuchtende Deckenlampe sonder ca. 100 verschiedene kleine Lämpchen und Lampen die mehr oder weniger sinnvolle indirekte Beleuchtung schaffen und/oder einfach nur „hübsch“ sind.
Und generell wird nie das Licht ausgemacht wenn man ein Zimmer verlässt – auch nicht wenn man die Wohnung verlässt... nuja.
Aber eigentlich waren wir bei den Heizkörpern.
Also der gemeine Norweger hat Heizkörper die man einfach in die Steckdose einsteckt und voilà, warm.
(und natürlich den Kamin den man nicht vergessen darf)
Bei uns im Haus sind jetzt aber für den gemeinen Deutschen ganz normale Heizkörper... Zentralheizung halt, muss man entlüften, kennt man, kein Thema.
ABER weil der gemeine Norweger so was normal net kennt paniken nun Hausmeister und Vermieter total rum das auch ja jeder brav entlüftet sonst Katastrophe und Weltuntergang.
Der Entlüftungsschlüssel für die Heizkörper hängt sogar am offiziellen Schlüsselbund mit all den technischen Schlüsseln für Keller, Sicherungskasten etc,,,

Herrlich war aber die Fassungslosigkeit der Vermieterin darüber, dass in Deutschland solche Heizkörper normal sind und ich weiß wie man Entlüftet (sie wusste es nicht), dafür aber leider keine Ahnung davon habe wie der Abzug eines Kamins funktioniert ;-)

Und nein, so wirklich kommt der Winter noch nicht.
Es ist seit ca. zwei Wochen deutlich Herbst. Die Blätter fallen, die Preiselbeeren sind reif, man kann sich vor Pilzen nicht retten und Herbststurmwolken jagen über den Himmel.
ABER es hat immer noch im Schnitt 20 Grad und Sonne und auch wenn wir letzte Woche auf der Hütte beim Angeln eine Nacht schier erfroren wären waren das Zauberpony und ich doch auch tapfer im Fjord schwimmen und sind braun geworden.
Alles nicht so schlimm aber da es ebenfalls typisch Norwegisch ist übers Wetter zu jammern tu ich das jetzt auch:

So ein Scheiß, nie weiß man was man anziehen soll, dumme Übergangszeit, mit Jacke zu warm, ohne Jacke zu kalt, ständig muss man ne Jacke und nen Schirm dabei haben aber dann ist der Rucksack schon voll, der Wind verplustert die Haare – mimimimimimimiiiii

So, Schluss jetzt, die Sonne scheint, es hat 20 Grad, der Wetterbericht sagt, dass das noch immer wärmer als in Deutschland ist (wie auch der ganze Sommer war) also – BÄM, toll hier :-)

Donnerstag, 31. Juli 2014

Bær

Typisch Norwegisch: Eine monströs große Leidenschaft für Beeren.
Nix wächst hier gescheit außer Wurzelgemüse – wie auch bei dem kurzen Sommer – und die Obst- und Gemüseauswahl im 08/15 Supermarkt lässt zu Wünschen übrig ABER:
Das ganze Jahr über gibt es alle möglichen Beeren zu horrenden Preisen. Die Norweger spinnen auf Beeren. TOTAL
Und seit einigen Wochen sind endlich auch die heimischen Beeren reif und ein unvorstellbarer Beerenwahn setzt ein.
In jeder Querstraße gibt es Stände wo norwegische Erdbeere, Himbeeren, Kirschen (ja, keine Beere...) und vor allem Blaubeeren verkauft werden.
Vor allem Letzteres ist kein Wunder.
Setzt man hier einen Fuß in den Wald (der an der T-Bane-Endhaltestelle beginnt) steht man SOFORT mitten im größten Blaubeer- und Preiselbeerfeld das man sich vorstellen kann.

So waren der Mann und ich dann letztes We auch mal im Wald zum Ernten. Allerdings nur ein Dreiviertelstündchen bevor das Gewitter kam, daher ist unsere Ausbeute leider nicht so groß wie wir dachten:

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Links Himbeeren, rechts oben Blaubeeren die ja soooo viel mehr hätten sein können, drunter klägliche Walderdbeeren und Johannisbeeren aber da haben wir vor n paar Wochen schon viel geholt und das ganz oben in der Tüte?
Ja krass, das kannte ich nicht aber google machts möglich: Roter Holunder.
Hier in Norwegen viel verbreiteter als der schwarze Holunder den man bei uns kennt und wie ich finde viel leckerer weil irgendwie... saurer... schmeckt mehr nach Vitamin C ;-)
Man muss ihn genauso wie schwarzen Holunder verarbeiten (Gelee, Sirup, Saft) aber noch viel viel mehr darauf achten, dass man das Zeug wirklich wirklich gut durchkocht und alle Kerne raus bekommt. Sonst Durchfallalarm.

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Und dafür, dass wir hier nur ne provisorische Küche haben find ich unser Ergebnis schon sehr beeindruckend. Lecker lecker. Gelee und Sirup. Kaffeefilter und viel Geduld sei Dank... ein Königreich für ein Haarsieb... Naja bald hab ich ja meine Küchensachen wieder!
Den Saft der dann noch übrig war hab ich mit heißem Wasser aufgegossen und damit die heraufziehende Erkältung erfolgreich zurückgedrängt * jubel *
Nu muss ich nur noch rausfinden wie man daraus Likör macht – für nächstes Jahr dann.
Die anderen Beeren haben wir eingefroren und sammeln noch weiter für Waldbeermarmelade.

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Die Norweger scheinen meines Eindrucks nach allerdings nicht so sehr aufs selbst Verarbeiten zu stehen.... Also die Beeren werden so weggenascht scheint mir. Es gibt erstaunlich wenige richtige Beerenkuchen so in der Bäckerei und so. Halt Beerenmuffins aber da vermute ich schwer TK-Ware dahinter.
Und versteht mich nicht falsch, scheinbar essen Norweger TONNENWEISE Marmelade denn es scheint normal zu sein die im Kiloeimer zu kaufen.
ALLERDINGS hauptsächlich in den Sorten Erdbeer und Blaubeer.
Das find ich jetzt ein wenig phantasielos.
Also ok es kann ja nicht jeder so viel und verschiedene und teilweise abgefahrene Marmeladen machen/gerne essen wies meine Mama bzw. der Mann und ich machen, aber im Supermarkt wenigstens erwarte ich doch ne größere Auswahl...
Und auch die Tatsache, dass Marmeladengläschen unendlich teuer und nur maximal im Dreierpack erhältlich sind sowie die Tatsache, dass man echt suchen muss bis man „richtigen“ Gelierzucker finden scheinen meine vorläufige Beobachtung, dass Norweger eher weniger gerne Sachen Verarbeiten zu bestätigen.
(Ein Hoch auf Honig-, Senf- und Tomatenmarkgläschen die man wiederverwerten kann.)
Auch total traurig wie viele Pflaumen- und Zwetschgenbäume rumstehen und einfach nicht abgeerntet werden. Den bei uns hinterm Haus hab ich praktisch alleine abgeerntet und das Zeug verarbeitet – zu Kuchen und Kleingebäck. Letzteres will ich morgen mal auf der Straße feil bieten, mal sehen ob jemand „Hjemmelaget boller med plommer, marsipan og sesamfrø“ (Hausgemachte Hefekugeln (nach Mamas Kirschennudelnrezept) mit Pflaumen, Marzipan und Sesam) kaufen will :-)

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Und für die die norwegisch lernen wollen noch eine kleine Beerenkunde:

Erdbeere → jordbær (ja das ist wörtliche, „jord“ bedeutet „Erde/Boden“)
Blaubeere → blåbær
Stachelbeere → stikkelsbær
Preiselbeere → tyttebær
Johannisbeere rot → rips
Johannisbeere schwarz → solbær
Kirschen → moreller
Himbeeren → bringebær
Brombeeren → bjørnebær

(Also die hab ich hier zwar noch nie gesehen im Wald aber muss sie aufnehmen weil bjørn „Bär“ bedeutet, das sind also Bärenbeeren und Bären brummen und brumm hört sich an wie bromm... und ich finde das niedliche und so lustige Spielereien klappen eigentlich mit fast jedem norwegischen Wort :-) )

Wer noch mehr Beeren wissen will nur her mit den Fragen mir fallen grad nicht noch mehr ein.

Ach ja und... * zugeb * so ganz ohne mir ein neues „Küchengerät“ zu kaufen kann ich ja nu auch nicht. Hier mein neuestes Schmuckstück.

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Wer zuerst errät was es ist bekommt ein Glas Marmelade – ich nehme Hinweise auch per Mail, SMS und WhatsApp entgegen ;-)

Samstag, 24. Mai 2014

Der 17. Mai Teil 3: Was wirklich geschah ;)

Samstag morgen 8:00 Uhr.
Ja richtig gelesen.
Eigentlich viel zu früh um sich aufzubrezeln aber was sein muss, muss sein.
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Ab in die U-Bahn und pünktlich um 9:00 Uhr waren wir im Universitätsgarten wo es ein Frühstück für ausländische Universitätsangestellte gab.
Also ich will ja nicht undankbar sein und die haben sich wirklich Mühe gegeben.... das Frühstück aus lauter norwegischen Spezialitäten war toll (auch wenns den erhofften Sekt mit Erdbeeren nicht gab), die leicht wichtigtuerische Verantwortliche schmetterte ne Opernarie und der Rektor hielt eine Rede über den 17. Mai an sich.... aber naja, wenn man lauter ausländische Angestellte die sich nicht kennen einlädt dann passiert was immer passiert. Man bleibt unter sich bzw. bei den Leuten die man eh schon kennt.
Wir waren dort mit dem Finnen verabredet der einen Freund mitbringen wollte. Der war ganz lieb, Philosoph, und ich hatte ne nette kleine Unterhaltung über (Post-)Moderne, (nein, das böse P-Wort!!!!), Prof. LR aus T und Ähnliches. Soweit so nett aber das war das einzige „neue“ Gesicht, das wir kennengelernt haben. Also die Kontaktknüpfungsnummer als die das Frühstück eigentlich geplant war wars nicht aber nett.
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Einschub:->
Gelernt: Norweger laden sich gegenseitig zum Frühstück ein, dann reserviert man für die ganze Family einen Tisch in nem teuren Restaurant zu Mittag und abends wird sich wieder gegenseitig eingeladen. Ergo: Vorher und nachher ist Diät angesagt und um einen Restauranttisch muss man sich ca. Ein Jahr vorher kümmern.
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10:00
Startschuss Barnetorget.
Vom Unigarten aus mussten wir nur einmal umfallen bis zur Karl Johanns Gate von wo aus man den perfekten Blick hatte. Der Abstand zum Schloss war auch genau richtig. Und da die meisten Norweger ihre eigenen Kids bzw. Bekannte Gesichter im Umzug abwarten und dann zack zack zum reservierten Restauranttisch abhauen rückt man immer weiter vor und sieht immer besser. Irgendwann zupfte uns dann eine ältere Dame in die erste Reihe: "Jetzt sollen die Touristen auch mal was sehen."
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Nicht ganz was die Touristensache betrifft aber sehr sehr nett ;)
Also wurde ich aus erster Reihe Zeugin wie Schule um Schule um Schule um Schule um Schule... * gääääääääääääääääähn * wo war ich? Ach ja, Schule um Schule um Schule Fahnen tragend und Musikkorps voranschickend Richtung Schloss paradierten.
SÜSS
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Also Gott sei Dank immer nur eine Klasse pro Schule (hat man mir so gesagt und nein ich hab keine Ahnung wie Klasse und Fahnenträger ausgewählt werden) ABER alle ganz ganz fein gemacht und sehr sehr viele in traditioneller Tracht.
Die Lehrer/innen sowieso.
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Außerdem kamen zu den Musikkorps auch immer wieder mal Gardemädel hinzu – bei uns kennt man sowas vom Fasching aber doch sehr hübsch wie die ihre Stöckchen und Pompoms geschleudert haben. ;)
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Einschub: Tracht/Bunad
(Ich glaub die bekommen eh noch nen eigenen Eintrag irgendwann wenn ich das mal besser durchschaut hab.)
Es waren wirklich fast alle Damen in Bunad unterwegs (und die restlichen genial schick gemacht!) von denen es tausend verschiedene Schnitte, Farben und Muster gab. Man sagte mir, die Farben und Muster verraten aus welcher Region bzw. Stadt die Trägerin kommt aber das muss ich noch genauer nachschauen. Auch die Männer trugen viel Tracht wobei ich hier her das Gefühl hatte, dass hier nicht die Regionen sondern eher verschiedene Berufe "gezeigt" wurden. Die meisten Männer waren allerdings klassisch schick im Anzug. Einige andere klassische Trachten wie nen Sari oder nen Kimono gabs auch zu sehen aber so verschwindend wenig, dass ich den Aufstand drum nicht versteh. Kinder mit offensichtlichem Migrationshintergrund und Mädeln im "coolen" Alter trugen im Umzug keine Tracht sondern "normale" schicke Kleider.
Ich fand die Damentracht wirklich wunderschön. Super Schnitt, lange Röcke, schöne Schuhe. Und mit massig Silberschmuck dran. Wie klassische alte Dirndl, nicht dieses nervig-nuttige Plastik-Wiesn-Zeugs mit dem die Mädels bei uns rumspringen. Also sobald ich im Lotto gewonnen hab gibts für mich ne Ulmer Fischer Tracht UND nen Oslo Bunad :-)
Zauberpony, dir ist schon klar wer die nähen darf gell ;)
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Weiter im Text. Da standen wir nu und jubelten Schule um Schule zu. Der klassische Jubelruf "Hurrah" ausgesprochen allerdings "Hürrah". Da musst ich schon sehr grinsen.
Nach 1,5 Stunden in der prallen Sonne – ja es war heiß! Ich will gar nicht wissen wie die in ihrer dicken Tracht das ausgehalten haben, vor allem die wenigen in der Tracht der Samen – und noch kein Ende in Sicht sind wir dann zurück in den Unigarten wo ich mein ersehntes Eis bekommen hab. Ihr erinnert euch, so viel Eis und Würstchen wie man mag ;)
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Dann war uns nach Kaffee bzw. um ehrlich zu sein: Bier.
Also auf Richtung Schloss – der Umzug dauerte noch immer. Im Nachhinein hab ich erfahren, bis nach 14 Uhr... so lang wie nie vorher – und durch den vollbesetzten Schlossgarten.
Und hier, ja hier hab ich ihn dann endlich auch mit bloßem Auge erkennen und mit viel Zoom auch knipsen können. Den kleinen König :-)
König Harald und Kronprinz Haakon im Anzug, Kronprinzessin Mette-Marit in Bunad, Prinzessin Ingrid Alexandra und Prinz Sverre Magnus (ok das weiß ich aus der Zeitung) ebenfalls in Tracht und Anzug.
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Dass man an so einem Tag ein wenig Schwierigkeiten hat in einer Bar geschweige denn in einem Restaurant einen Platz zu bekommen – und dann vll gar noch draußen, wie vermessen – kann man sich gut vorstellen. Wir sind bis in einen anderen Stadtteil geflohen um dort mit viel Glück noch einen (Schatten-)platz vor einem sehr britischen Pub zu erkämpfen.
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Herrlich da so zu sitzen, mein geliebten Bulmers zu trinken (rund 10 Euro die Flasche....) und betrunkene und nicht betrunkene, betrachtete und betrachtete Menschen zu ... öhm ... betrachten. Und Autos.
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Heilix Blechle!
Der Norweger an sich scheint mir neben seiner Vorliebe für SUVs noch einen deutlichen Hang zu Oldtimern zu haben. Jessas Maria was hab ich schicke Schlitten und Kutschen gesehen.
Und Kutschen ist keineswegs übertrieben. Ihr kennt diese ersten Autos? Diese Kutschen die noch richtige Kutschen sind, ohne Dach und Pferd dafür halt mit Motor? Ja sowas auch. Und alte Rennwagen, die kleinen die aussehen wie Seifenkisten. Herzerwärmend wie man oft gesehen hat, dass die Teile seit Jahren in Familienbesitz sind und der grad volljährige Enkel zum Nationalfeiertag Opas Liebling fahren darf.
Seit es hier so schön sonnig warm ist hab ich gesehen, dass die alten Teile keineswegs nur zu Feiertag raus geholt wurden aber an dem Samstag war die Oldtimerdichte unfassbar hoch. Und alle so gut in Schuss. Man kommt ins Schwärmen :-)
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Aber irgendwann is dann auch wieder gut mit Schwärmen und ab nach Hause für ein kleines Mittagsschläfchen. Eigentlich hieß es ja im Reiseführer (jaaaaa.....) man soll sich den ganzen Tag durch die Stadt treiben lassen aber nuja also... müde, früh aufgestanden, Füße aua und vor allem: Wir waren am Abend ja noch eingeladen und wie sich herausstellte war es sehr sehr klug ein Nickerchen zu halten ;-)

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Der Abend:
Neues schickes Kleidchen an denn wir erinnern uns an den Einladungstext:
"Suit for him, elegant for her, bring Norwegian flagg"Yay
Und los.
Ganz süß. Ich erwartete bei der Dinnereinladung einer Medizinprofessorin ja eine Dinnerparty im Garten mit lauter cocktailbekleideten feinen Damen und beanzugten Herren der Gesellschaft. Auf jeden Fall was großes.
Weit gefehlt was mich total aus dem Konzept gebracht hat.
Wir waren zu sechst. Krass. Also ich bin immer noch ganz gerührt wenn ich dran denk. Man sagte mir am Abend geht man entweder auf eine Party oder lädt die Familie ein bzw. ist bei der Familie eingeladen zum Essen in kleinem engen Kreis. Und dann laden die beiden neben zwei engen Freundinnen noch uns, zwei völlig Fremde ein.
Ach und was war das nett!!!!!!!
Und wie lieb die waren!
Meine beste neue liebste Freundin hat übrigens vier Pfoten und hat mich ins Rudel aufgenommen. Normal sei sie Fremden gegenüber sehr zurückhaltend aber mir hat sie nach 5 Minuten das Kleid vollgesabbert um dann unterm Tisch auf meinen Füßen einzuschlafen. Yay, ich gehöre zur Familien.
:-)
Dann waren da noch eine schon recht angeschickerte Schwedin, eine Norwegische Ärztin die aber in Freiburg studiert hat, der Herr des Hauses – Arzt – und die Dame des Hauses, Medizinprofessorin mit Büro auf dem gleichen Flur wie der Mann, daher die Einladung.
Superwitzig aber auch anstrengend sich den ganzen Abend in diesem niedlichen Norwegisch- Englisch- Schwedisch- Deutschkauderwelsch zu unterhalten.
Den Aperitif gabs auf der Terrasse in herrlichem Garten. Ein herrlicher Rosé Cremant dessen Namen ich noch genauer erfragen muss genau wie einige der Rezepte. Den Cremant gabs auch zur Vorspeise.
Vorspeise: Selbstgebeizter (!!!!) Lachs auf Salat und Spinat mit Garnelen und selbstgemachter Remoulade.
Hauptgericht: Deutsches Rinderfilet, was auch immer das bedeuten mag. Einen Hauch zu durch was die Hausfrau und Köchin an den Rand der Tränen gebracht hat aber es war soooo lecker. Dazu Ofenkartoffeln und -zwiebeln und selbst gesammelte Pilze.
Dazu: Einen ganz netten Barbera d'Alba ausm Barriquefass aber der hat mich nicht so überzeugt. Als der leer war gabs einen Toskana-Cuvee der weit besser war ;)
Nachtisch: Erdbeeren-Rhabarberkompott mit selbstgemachtem Gewürzeis. Hat geschmeckt wie Chai Latte. Superlecker.
Dazu: Einen ganz lustigen italienischen Dessertwein den ich mir auch noch sagen lassen muss. Hatte Perlung, war rosé, hatte nicht zu viel Alkoholprozent und schmeckte irgendwie auch nach Erdbeeren.
Dann wurde noch der Bordeaux Touzinat 2009 den wir mitgebracht hatten aufgemacht und rief allgemeine Begeisterung hervor. Der Abend war ganz wunderbar, aber gegen Ende hat man dann doch vor allem bei der Schwedin und beim Gastgeber gemerkt, dass es doch recht viel Alkohol war und wir sind mit der letzten U-Bahn heim.
Die Leute werden auf jeden Fall zum Gegenessen eingeladen und ich hab die heimliche Hoffnung, dass es nicht zu unserem Nachteil war, mehrfach betont zu haben, dass wir auf Wohnungssuche sind.
Zusammenfassend wars ein herrlicher Tag und ich freu mich schon auf nächstes Jahr :-)
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Freitag, 16. Mai 2014

Der 17. Mai – Teil 2: Die Feier heute. Traditionen, Regeln, Bräuche.

Vorabinformation, mal sehen was sich morgen so bestätigt.

Quellen: Diverse Blogs, Foren und Facebook-Gruppen die sich mit Norwegen im Allgemeinen und dem Nationalfeiertag im Besonderen beschäftigen. Wers genauer wissen will, fragt mich, ich zähl jetzt nicht alle auf. Und hey, ja, persönliche Gespräche waren auch dabei ;)

Die Feier des 17. Mai ist heute stark folkloristisch geworden.
Meist werden sie von lokalen 17.-Mai-Komitees ausgerichtet.
In den Orten werden Kinder- und Bürgerumzüge durchgeführt, an denen auch Musikkapellen teilnehmen. Nach dem Zug werden oft Spiele für Schulkinder veranstaltet und Eiskrem und Würstchen an sie verteilt.
Ja richtig, Kinder dürfen an diesem Tag so viele Würstchen und Eis essen wie sie wollen!!!!
Und die schon erwähnten Russen dürfen hier ein letztes mal auch alles, wirklich alles tun was sie wollen bevor sie am Montag dann Abiturprüfungen haben. Eieiei
Und Erwachsene (die nicht gerade ihre Kinder zum Umzug begleiten oder mit Eis füttern müssen) dürfen schon zum Frühstück Alkohol trinken ohne dass dies negativ auffällt.
Der 17. Mai wird deshalb oft auch als „Barnas dag“ (Tag der Kinder) bezeichnet.
Überall, auch auf den Umzügen, wird die norwegische Flagge gezeigt und die Menschen gehen in festlicher Kleidung und, wer sie besitzt, in norwegischer Tracht (Bunad).
Und festliche Kleidung meint tatsächlich schon von früh morgens an, egal was man den Tag über tut, Anzug für ihn und ein festliches Kleid für sie. Keine Abendgarderobe aber knapp drunter. (Fast) Nichts ist too much an diesem Tag. Die Damenmode soll wohl so Kate-Middelton-mäßig sein.
(Verdammt wie sehr wünsche ich mir einen Hut)

Zum Thema Flagge.
Natürlich ein heikles Thema.
Überall anders als in Norwegen würden so viele nationale Flaggen wie an diesem Tag „a Gschmäckle han“ und misstrauisch betrachtet werden. Hier nicht. In einem Land das erst seit 200 Jahren eine Verfassung hat und erst seit 1905 unabhängig ist, ist das irgendwie ok.
Das Problem ist, dass lange Zeit alle anderen Flaggen verboten waren.
Irgendwie fast ein bisschen nachvollziehbar. Das ist deren Tag und basta. Gleiches gilt für ausländische Tracht... aber ebenso nachvollziehbarer Weise ist die spätere Beschränkung auf die norwegische Flagge auch problematisch und führte auch zu Kritik im Hinblick auf die zahlreichen Einwanderer vor allem aus Indien und Pakistan. Einzelne Kommunen hoben das Verbot fremder Flaggen auf. Oslo ließ 2007 die samische Flagge im Kinderumzug zu.
Inzwischen ist glaube ich herauszulesen auch ausländische Tracht ok so lange es nicht zu viel ist und indische traditionelle Kleidung ist auch ok.
Ebenfalls ok aber nicht sooooo toll wäre es, wenn ich jetzt als "Einwandererin" morgen zum Beispiel mit einer norwegischen und einer deutschen Flagge wedeln würde.
Es muss eben immer der Respekt dafür im Vordergrund stehen, dass es DER norwegische Nationalfeiertag ist. Punktum!

Man trifft sich traditionell schon zu einem großen Frühstück bzw. lädt sich gegenseitig dazu ein. Hier darf wie erwähnt schon Alkohol (Erdbeeren im Sekt, die spinnen auf Beeren in jeder Form die Norweger) getrunken werden und ganz ganz wichtig:
Man gratuliert sich gegenseitig zum Nationalfeiertag. Norweger oder nicht.
Wir sind morgen im Unigarten zu einem Frühstück eingeladen, bin gespannt.
Außerdem gibt es in jeder Kirche einen speziellen Gottesdienst zum Nationalfeiertag.
Das Frühstück muss natürlich um 10:00 spätestens vorbei sein, denn dann MUSS man unbedingt den Kinderumzug vom Schloss die Karl-Johans-Gate runter anschauen.
Der Barnetoget geht von 10:00 bis 13:00.
Um 12:00 gibts Salutschüsse von der Akershus Festung und König und Königin nebst Familie winken natürlich die ganze Zeit über vom Schloss aus :-)
Den Tag über gibst dann überall kleine Konzerte, Ausstellungen, Party Party Party, Würstchen, Eis und Alkohol.
Wir sind für nach dem Umzug zu einem Fest für Unimitarbeiter im Universitätsgarten eingeladen.
Ich habe mir sagen lasse, neben Eis und Würstchen müsse man unbedingt den traditionellen Kransekake (Kranzkuchen) essen. Ein pyramidenförmiger Kuchen aus Ringen die nur aus gebackenem Marzipan bestehen und mit Zuckerglasur versehen sind. Angeblich stecken auch norwegische Fähnchen im Kuchen. Ich werde mich opfern und für euch probieren ob das schmeckt :-)
Und abends lädt man sich dann wiederum traditionell gegenseitig zu festlichen Dinnerpartys ein.
Wir sind bei Medizinern eingeladen, auch hier: Ich bin gespannt.
(Es drängt sich der Eindruck auf ich sollte nach morgen dringend über eine Diät nachdenken * ggg * )
ÜBERALL und EGAL IN WELCHEM ZUSTAND hat man allerdings wie erwähnt festlich gekleidet zu sein und eine norwegische Flagge bei sich zu führen :-)

Hier könnt ihr das Programm für morgen speziell für Oslo sehen:
http://www.oslosurf.com/hvaskjer/68277.html

Einen meiner Lieblingsblogbeiträge zu morgen will ich euch auch nicht vorenthalten:
http://afroginthefjord.com/2014/05/14/every-rule-you-should-break-on-norways-national-day/

Ich bin gespannt und vorbereitet:
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Sonntag, 11. Mai 2014

Nachtrag zu den Russen

Heute beim Wandern noch ein paar Russenfotos geschossen:

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Und einer der typische Russenbusse:

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Schon irgendwie witzig - bis man liest wie viel Kohle die Abiturienten für diesen Partymarathon ausgeben...

Freitag, 9. Mai 2014

Die Russen kommen

Abiturbräuche in Norwegen

Da musste ich mich die letzten paar Tage doch sehr über die scheinbar neue Mode hier in Norwegen wundern. Rote Latzhosen...
Naja Zauberpony und ich hatten ja neulich mal festgestellt, dass Latzhosen wieder in sind und laut Aussage des Zauberponys kommen neue Trends ja auch Norwegen.
Na gut, hübsch isses ja nicht aber wenn sie meinen...

Dann hab ich die rot belatzthosten meist deutlich jugendlichen Osloer allerdings recht häufig ziemlich seltsame Sachen machen sehen.
Zum Beispiel krabbeln viele dieser Latzhosenträger auf Händen und Knien den doch recht steilen und mit Kies bestreuten Berg zum Königsschloss hoch oder führen wilde seltsame Tänze im Hafenbereich auf.
Da muss doch mehr dahinter stecken.

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Der Mann und Freund Google brachten schließlich die Lösung:

Wir haben es hier mit Russen zu tun.

Ich fasse meine Rechercheergebnisse zusammen (will sagen: Ich kürze den Wikipediaartikel dazu):

Russen werden hier die Abiturienten bzw. das norwegische Äquivalent dazu genannt.
Sobald Schüler die „videregående skole“ (weiterführende Schule, entspricht der deutschen Oberstufe) beendet haben, nennen sich diese „Russ“ und zeigen dies durch Feiern und spezielle Brauchtümer wie Russmützen, -ausweise und -bilder.
Die Feiern erreichen ihren Höhepunkt am 17. Mai, dem Nationalfeiertag Norwegens, wo an vielen Orten im Anschluss an den klassischen Kinderumzug ein Russzug stattfindet. Dieser Umzug markiert das Ende der "russetiden".
Es wird traditionell zwischen den sogenannten rødruss (Rotrussen), den Absolventen der Gymnasien, und den blåruss (Blaurussen), den Absolventen der Handelsgymnasien, unterschieden.

Die gegenwärtige norwegische Russtradition ist seit 1905 beschrieben, als rote Russemützen erstmals von abgehenden Schülern der Abgangsklasse der höheren Schule in Oslo benutzt wurden. Diese Mützen wurden zunächst nur von den Jungen benutzt und waren von deutschen Studenten inspiriert, die Norwegen 1904 besuchten. 1916 wurden erstmals die blauen Kappen von Russen des Handelsgymnasiums in Oslo verwendet.
Lange Zeit war die Russmütze sowie ein einfacher Bambusstock mit einer farbigen Schleife die einzige Ausstattung der Russen. Später kamen eigene Kleidung, große Busse um zu den Feierlichkeiten zu fahren und andere Accessoires (wie die beschriebene Latzhose) dazu.
Abhängig davon, wo man im Land studiert, beginnen die Russfeiern im Herbst des letzten Jahres auf der weiterführenden Schule oder gegen Ende April/Anfang Mai und dauern bis zum 17. Mai oder sogar noch länger. Die Russen erhalten ihre abschließenden Examen nach der Feier; so kann es sein, dass nicht bestandene Schüler im nächsten Jahr wieder Russ sein können.

In Verbindung mit den Russereignissen, meistens im Frühjahr, kleiden sich die Russen in rote oder blaue „Uniformen“, zum Beispiel Blaumänner oder Tischlerhosen in Russfarbe, oft mit Abzeichen dekoriert. Lange Tradition haben mittlerweile Mützen mit langem Büschel. In diesem Büschel sind verschiedene Knotentypen geknüpft, oft mit kleinen Gegenständen. Diese Knoten sind ein Symbol für die Durchführung der sogenannten „Knutregler“ (Mutproben). Dieses wird oft kritisiert, weil sie Straftaten (wie Entblößung) und potentiell gefährliche Handlungen (wie Einnahme großer Mengen Alkohol in kurzer Zeit) beinhalten können. Die ersten Knutregler entstanden in den 1940er Jahren.

→ Oder eben das von mir beobachtete zum Schloss krabbeln... vermute ich mal

Die Russfeier wird an einzelnen Orten mit einer Russtaufe im Mai begonnen. Dort kann der Schirm der Russmütze mit dem Rufnamen des Besitzers bemalt werden. Die Mützen sind eine nichtfestliche Variante der traditionellem, schwarzen Mütze, welche die Schüler bei der abschließenden offiziellen Examensfeier tragen. Diese schwarze Mütze ist dann das eigentliche Zeichen für das bestandene Examen.

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Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Russfeier

Und hier noch ein niedlicher aber etwas älterer Spiegel-Online Artikel dazu: http://www.spiegel.de/schulspiegel/abi/abifeiern-in-norwegen-erbarmen-die-russe-kommen-a-483576-2.html

Und ein nicht ganz so alter Artikel aus der FAZ: http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/jugend-schreibt/abi-feiern-in-norwegen-erst-das-vergnuegen-dann-die-arbeit-11755985.html

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